DAS TEAM

FRANZ FENDT

Mein Gehirn ist eine museale Wunderkammer gelebter Momente. Unzählig viele, wie Sterne am
Himmel. Und auch mein Körper erinnert fleissig. Jede Zelle ist ein dynamischer Erinnerungsträger.
Sweet memory of mine. Eine Schatzkammer, die ich manchmal besuche, um zu stöbern. Aber nicht
aus nostalgischem Drang, sondern um diese reichhaltige Datenbank intuitiv für die Gegenwart zu
nutzen. Wie funktioniert der Einlass in dieses Archiv? Ein Wort, ein Bild, ein Ort, ein Geschmack,
ein Geruch, eine Melodie oder ein Gegenstand, der mit einem Erlebnis verknüpft ist. All das kann
ein Portal öffnen. Objekte zum Beispiel sind meine Anker im tiefen Meer der Vergangenheit. Ihre
Aura und Ihr Kraftfeld schaffen ein Wurmloch für eine Reise in das Abenteuer ehemaliger Momente.
Vor 30 Jahren wurde meine Erinnerungsfähigkeit allerdings durch einen Unfall entscheidend
eingeschränkt. Zuvor war mir Selbsterlebtes noch lange präsent. An Gespräche konnte ich mich
sogar noch Jahre später gut erinnern. Mittlerweile habe ich gelernt, das Vergessen als vitales
Loslasserlebnis zu empfinden, um nicht zu ertrinken in einem Tsunami an Erinnerungen und
Informationen. Vergessen kann auch eine Quelle der Kraft sein und schliesslich eine sanfte
Vorübung zum Sterben. Es lebe der Moment.
Und was bleibt ?
Ahnungen, vage Gefühle als Kondenstreifen auf der Netzhaut meines Bewusstseins , und …
Geschichten. Sie sind die Pferdekutschen in meine Vergangenheit. Körpertheater ist mein
Werkzeug als Kutscher.

Schauspieler, Regisseur, Autor, Musiker

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